Dienstag, 30. Januar 2018

Stern-Stunde

Gut, sagte ich mir, Du schaust Dir die kleine Ausstellung von Armin Stern an, und das ist es dann. Aber als ich im Kunsthaus Dahlem die Treppe zur Galerie hochging und sich die ersten Gemälde ins Blickfeld schoben, war ich wie elektrisiert. Das war im wörtlichen Sinne eine Stern-Stunde. Unglaublich, dass dieser Künstler 70 Jahre lang in Vergessenheit geraten war und erst jetzt wiederentdeckt wurde.




Armin Stern, Selbstbildnis, 1916, ÖL auf Leinwand, 51 x 40 cm
Nachlass Armin Stern, Berlin, Foto: Gerhard Haug, Berlin
Bildrechte: © 2018, Anita Lochner, Berlin

Armin Stern wurde 1883 als Kind jüdischer Eltern im damaligen Preßburg, dem heutigen Bratislava, geboren. Er studierte Malerei in Frankfurt, München – dort bei Franz von Stuck! – und Paris. Er machte sich international einen Namen als Porträt- und Landschaftsmaler. 30 seiner Werke sind in der Ausstellung mit dem Titel „Armin Stern – Zionist, Grenzgänger, Kosmopolit“ zu sehen, Ölgemälde, Radierungen, Aquarelle, Monotypien, Zeichnungen. Beeindruckt hat mich die Bandbreite der Techniken und der Motive: Thomas Mann in einer Bleistiftzeichnung, die Jerusalemer Klagemauer, der Luna Park auf Coney Island, die Judengasse in Preßburg. Ganz gefangen genommen hat mich das Bildnis eines Talmud-Schülers. Grenzgänger war Armin Stern nicht nur in der Wahl seiner Wohnorte, sondern auch in der Stilwahl zwischen (französischem) Impressionismus und (deutschem) Expressionismus. Allein dieser Aspekt der Ausstellung lohnt den Weg nach Dahlem.




Armin Stern, Klagemauer, 1934, Öl auf Leinwand, 51 x 71 cm
 Nachlass Armin Stern, Berlin, Foto: Gerhard Haug, Berlin
Bildrechte: © 2018, Anita Lochner, Berlin

Zu den Exponaten gehört auch der Brief, der Armin Stern erschüttert haben muss: Da wird ihm 1933 vom Frankfurter Kunstverein die Teilnahme an einer Ausstellung zur deutschen Gegenwartskunst verweigert. Dies nicht, weil die Werke nicht den Ansprüchen der Auswahlkommission genügten, sondern - weil er Jude war. Stern ging mit seiner Familie nach Bratislava, um den Nazis zu entkommen, und 1938 nach New York. Er starb im Exil 1944.

Dass seine Werke – genauer: das, was von seinem Œvre nicht verloren gegangen ist – der Vergessenheit entrissen und zum ersten Mal in Berlin gezeigt werden, ist auch der Unterstützung der Axel Springer Stiftung und der Kooperation mit dem Slowakischen Institut Berlin zu verdanken. Das Echo ist positiv: Kamen zur Eröffnung vor einer Woche 200 Besucher, waren es am ersten Öffnungssonntag über 100. Gedanken drängen sich auf: Während in der großen Halle des Kunsthauses Dahlem in der Ausstellung „Neue/Alte Heimat“ Werke von nach Deutschland zurückgekehrten Exil-Künstlerinnen und –Künstlern gezeigt werden, präsentiert die Galerie-Ausstellung das Werk eines Künstlers, der die Befreiung vom Naziregime, das ihn vertrieben hatte, und die Rückkehr in seine Heimat nicht erleben durfte.

Ausstellungsansicht, Foto: Horst Schwartz, 2018


Mehr zur Ausstellung unter www.kunsthaus-dahlem.de


Das Kunsthaus Dahlem hat viele Freunde. Einer von ihnen ist der Berliner Journalist Horst Schwartz. Hier schreibt er in lockerer Folge seine Gedanken, Ideen oder Anregungen nieder.

Mittwoch, 10. Januar 2018

Ein Standort - zwei Museen

Wen hatte er nicht gestört, der Zaun, der bislang zwei bedeutende Dahlemer Museum trennte. Er zerschnitt bisher die Grundstücke, auf denen das Brücke-Museum und das Kunsthaus Dahlem liegen. Das Brücke-Museum mit der weltweit umfangreichsten Sammlung der expressionistischen Künstlervereinigung „Brücke“ besteht genau 50 Jahre,  das benachbarte Kunsthaus-Dahlem mit seiner Sammlung der deutschen Nachkriegsmoderne in Ost und West, wurde 2015 eröffnet. Um von einem Museum zum anderen zu gelangen, mussten Besucher bislang einen ziemlichen Umweg laufen. Jetzt haben  die beiden Museumsdirektorinnen Lisa Marei Schmidt (Brücke-Museum) und Dr. Dorothea Schöne (Kunsthaus Dahlem) den trennenden Zauns niederreißen lassen. Damit wollen sie, wie mir versichert wurde, ein Zeichen zur engeren Zusammenarbeit setzen. „Jetzt nutzen schon die meisten der 30.000 bis 40.000 Besucher im Jahr, die beide Museen besuchen, unser Kombi-Ticket“, sagt Museumschefin Schöne, „wir haben viele gemeinsame Ideen, aber die sind noch in der Planungsphase.“ Fest steht aber schon ein gemeinsames Sommerfest. Beide Museums-Leiterinnen rechnen damit, dass die benachbarten Ausstellungshäuser, die jetzt an einem gemeinsamen grünen Grundstück liegen, künftig als ein Museumsstandort wahrgenommen werden.
Foto: Kunsthaus Dahlem, November 2017

Das Kunsthaus Dahlem hat viele Freundinnen und Freunde. Einer von ihnen ist der Berliner Journalist Horst Schwartz. Hier schreibt er seine Gedanken und Beobachtungen nieder.

www.kunsthaus-dahlem.de