Wer je das Kunsthaus Dahlem besucht hat, das in erster Linie ein Skulpturenmuseum ist, wird diesen Drang gespürt haben: die Skulpturen zu berühren, an ihnen entlang zu streichen, um noch mehr, um noch anderes über sie zu erfahren. Doch das Berühren von Kunstwerken im Museum ist normalerweise nicht gestattet, aus nachvollziehbaren Gründen.
Bernhard Heiliger, Seraph, 1950, Foto: Horst Schwartz, 2018 |
Eine Ausnahme macht das Kunsthaus Dahlem am Sonntag, 25. November: Dann lädt es zum ersten Mal zu einer Tastführung für blinde und sehbehinderte Menschen ein. »Es ist der Vorzug eines Skulpturenmuseums, solche eine intensive Erfahrung mit Skulpturen machen zu können«, sagt dazu Dorothea Schöne, Geschäftsführerin und Künstlerische Leiterin des Museums. »Jedes Material fühlt sich ja ganz anders an, hat eine ganz andere Temperatur«, weiß sie aus Erfahrung, denn sie hat selbst »einmal eine Führung mit verbundenen Augen gemacht und war fasziniert, wie sich die Wahrnehmung von Plastik verändert.«
Eine ähnliche Erfahrung werde ich nie vergessen. Ich habe einmal das beeindruckende Akropolis-Museum in Athen besucht, als dort gerade die Karyatiden mit Laserstrahlen gereinigt wurden, jene Frauenfiguren, die das Dach der Korenhalle des Erechtheion-Tempels auf der Akropolis tragen. Der Museumschef, Dimitrios Pandermalis, ließ mich in das Zelt, das die Restauratoren aufgestellt hatten, schlüpfen und ermunterte mich, mit geschlossenen Augen eine der Marmorfiguren anzufassen, ihre Oberfläche mit den Händen zu erkunden. Ein ganz neuer Zugang zur antiken Skulpturenwelt erschloss sich mir.
Dass am 25. November nun blinde und sehbehinderte Menschen in den Genuss einer Tastführung kommen, ist der Zusammenarbeit mit dem Allgemeinen Blinden- und Sehbehindertenverein Berlin gegr. 1874 e.V. zu verdanken. Durch die Ausstellung führt Anja Winter von tastkunst, die – selbst stark sehbehindert – große Erfahrung auf diesem Gebiet hat. Sie wird einige ausgewählte Werke der aktuellen Ausstellung »Was war Europa?« von den Teilnehmer der Führung ertasten lassen.
Pionier unter den Berliner Museen mit Angeboten fürblinde und sehbehinderte Besucher ist die Berlinische Galerie, die solche Führungen regelmäßig im Programm hat. Auch im Kunsthaus Dahlem wird die Führung am 25. November keine Ausnahme bleiben: Weitere Tastführungen sind für das nächste Jahr geplant.
Das Kunsthaus Dahlem hat viele Freunde. Einer von ihnen ist der Berliner Journalist Horst Schwartz. Hier schreibt er in lockerer Folge seine Gedanken, Ideen oder Anregungen nieder.
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