„Ein Gran Hoffnung ist in allen
meinen Bildern”, hat der Berliner Künstler Joachim Gutsche einst gesagt und dabei
die warmen Töne in seinen Ölgemälden vor Augen gehabt. Doch ein Gutsche wäre
nicht ein Gutsche, wenn das freundliche Rot und Gelb in Werken wie “Der
Hausfreund kommt mit Blumen” aus dem Jahr 1966 nicht einem wilden, schwarzen
Wesen und damit einem ganz und gar bedrohlich erscheinenden Gesamtbild weichen
würde.
Vielleicht ist das Zurücktreten der bunten Farben auf der Leinwand gleichsam
ein reales Schwinden der Hoffnung eines Menschen, jemals wieder Vertrauen in sein
Heimatland zu fassen, das ihm mehr als einmal Unrecht tat? Vielleicht. Denn wie
so viele Fragen, bleibt auch diese in der Zurückgezogenheit eines
ausschließlich für die Kunst lebenden Malers unbeantwortet. Über hundert Bilder
hinterließ der 1926 in Zwickau geborene und 2012 verstorbene Gutsche – Bilder,
die verstören, anhalten, anregen mögen, aber ganz sicher ein Zeitzeugnis der
Staatlichen Paranoia des Kalten Krieges bieten.
Die DDR und Gutsche: Im Rückblick ließe
sich wohl diese Phase im Leben des Künstlers vorsichtig als persönliches Un-
und doch künstlerisches Glück für den damals jungen Maler aus dem Osten
beschreiben. Nach der Ausbildung zum Technischen Zeichner wird Gutsche zur
Marine eingezogen, gerät in englische Kriegsgefangenschaft, beginnt ein Studium
an der Hochschule der Künste bei Hans Jaenisch und Hans Uhlmann – bis er eines
verhängnisvollen Tages gutgläubig seinen Ostausweis an Kommilitonen verleiht,
nichtsahnend, dass unter seinem Namen verbotene optische Geräte eingekauft
werden. Unschuldig, plädiert Gutsche, Wirtschaftskriminialität, beharrt die
DDR.
Was folgt, sind 26 Monate Gefängnis.
Wer ihn weiterhin verfolgt, das sind
die Stasi und der Verfassungsschutz.
Aufgrund unglücklicher Umstände glauben
sie ihm nicht, kein Spion zu sein, weder für den Westen, noch für den Osten.
So
fängt auch Gutsche an, niemandem mehr zu glauben. Flucht in die Isolation, in
eine Zweizimmerwohnung in Charlottenburg und in die Kunst…
Seine Biographie,
deren Einfluss auf seine Psyche und die daraus resultierende Paranoia Gutsches finden
sich in dem scheinbar impulsiven, düsteren, anthropomorphen Bildkosmos seiner
Werke wieder: „Zu einer angestrebten Dynamik des ganzen
Bildes verzichte ich weitgehend auf eine Individualität von Menschen und
versuche dem Objekt das Wesentliche zu geben”, beschreibt Gutsche seine Bilder
im Herbst 1974. Sein exaltierter Malstil zeigt zerfließende Landschaften, ab
und an Geschlechtsteile, und manchmal auch die Orientierungslosigkeit in einer
Welt, der er den Rücken zugekehrt hat.
„Rätselhafte Motive, aber keine
Hieroglyphen des Wahns“, meint der Tagesspiegel in Gutsches Nachruf dazu. Wir
könnten Gutsches Kunst auch als eine Art Impfung betrachten, schreibt Jan Gerlach im Ausstellungskatalog des Kunsthaus Dahlem, als Impfung
vor der permanenten Überwachung jedes Einzelnen auch heutzutage, Jahrzehnte
nach dem Kalten Krieg.
Egal, wofür wir uns entscheiden, Gutsches
Bilder, ihre Anonymität und Vielschichtigkeit ziehen uns in den Bann.
Unter dem Titel GEBROCHENE IDENTITÄT – Malerei der 1950er und 1960er Jahre von Joachim Gutsche sind gut ein Dutzend seiner Ölbilder und Zeichnungen derzeit in Ausstellungs-Kooperation mit dem Kulturforum Cottbus e.V in der Galerie des Kunsthaus Dahlems zu sehen - im selben Haus und ein Stockwerk tiefer sind auch die Skultpuren
seines einstigen Lehrers Hans Uhlmann ausgestellt.
Bildquelle: Joachim
Gutsche: Der Hausfreund kommt mit Blumen, 1966, Öl auf Leinwand, (c) Nachlass
Gutsche
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