Freitag, 30. Oktober 2015

Letzter Tag im Kunsthaus Dahlem























Liebe Leser,

heute ist es leider schon Zeit für mich zu gehen. Ein halbes Jahr ist nun vorbei, und ich verlasse das Kunsthausteam. Als Praktikantin durfte ich für den Kunsthausblog schreiben! Ich hoffe, ich konnte zusätzliche Informationen und Denkanstöße vermitteln, wie ich es am Anfang angekündigt hatte. Es hat mir Spaß gemacht zu recherchieren und Veranstaltungen und Projekte des Kunsthauses zu dokumentieren.

Das Kunsthaus werde ich nie vergessen, und ich glaube, dass man diesen Ort  auch nicht vergessen kann. Wenn man einmal hier war, zieht er Einen in seinen Bann. Ob es am netten Team, am idyllischen Garten, an den imposanten Ausstellungsräume oder an der komplexen Geschichte des Hauses liegt, könnte ich nicht sagen. Es ist wohl eine Mischung aus allem und somit würde ich meine Erfahrung im Kunsthaus Dahlem mit dem Wort einzigartig beschreiben.

Ich werde es vermissen hier zu arbeiten, und ich möchte mich bei allen für diese einzigartige Zeit bedanken. An dieser Stelle wünsche ich dem Kunsthausteam weiterhin viel Erfolg in allen kommenden Projekten.


Amélie Fleury

Donnerstag, 1. Oktober 2015

Fahrradtour vom Monbijou Palais zum Kunsthaus Dahlem


Im Rahmen der Berliner Art Week hat das Kunsthaus Dahlem in Zusammenarbeit mit dem Künstler Stefan Draschan eine Fahrradtour durch Berlin organisiert. Die Strecke führte durch mehrere Stationen. Erster Halt: das Kulturforum vor der St.-Matthäi-Kirche. Dorothea Schöne, die die künstlerische Leitung des Kunsthauses innehat, sprach über das Fahrradfahren selbst: Für  Frauen war diese Fortbewegungsmöglichkeit lange verpönt.


Es ging weiter durch den Tiergarten. Stefan Draschan inszenierte hier ein Kunstwerk. Der Fahrradaktivist fotografiert sich und sein Fahrrad an den seltsamsten Orten in Berlin und Wien. Ziel ist es, ein politisches Zeichen zu setzen, und zwar für das Fahrradfahren und gegen das Auto. Im Tiergarten suchte sich Stefan Draschan einen Baum aus und kletterte kurzerhand vor allen Teilnehmern mit seinem Fahrrad auf diesen; es entstand ein einmaliges Foto, welches sich in eine ganze Reihe solcher Aufnahmen einordnet. Als ehemaliger Journalist widmet er sich nun völlig seiner Kunst. Er testet E-bikes auf Touren, wie zum Beispiel von Wien bis zur Côte d’Azur, und sucht auf seinen Strecken immer neue Motive. Manche Orte kann man nicht mit dem Auto erreichen, und seine Fotos von Autowracks sind ein Symbol für eine Gesellschaft, die durch das Technische verrottet. Sich auf sein Fahrrad zu schwingen und Berlin einmal  nur mit dem Fahrrad zu erleben, war einmalig und befreiend.




Dritte Station: Europacenter. Autoabgase, Lärm, Hektik. Der Kontrast mit dem idyllischen Tiergarten wirkte hier umso größer. Hier zeigte sich, welchen Kampf Stefan Draschan in Angriff genommen hat: vielleicht eine Gesellschaft wach zu rütteln, die bald vom Technischen „überrollt“ wird.


Letzte Station vor dem Kunsthaus Dahlem war der Halensee, wo Dorothea Schöne von einem ehemaligen Freizeitpark berichtete, dem „Lunapark“. Dieser war von 1909 bis 1933 Europas größter Vergnügungspark. Der Park enthielt alle Rummelattraktionen der damaligen Zeit, wie eine Wasserrutschbahn, die im See endete, und als besondere Attraktion ein Wellenbad, das von den Berlinern „Nuttenaquarium“ genannt wurde, weil sich hier die Damen den genießerisch am Beckenrand sitzenden Herren in der neuesten Bademode präsentierten. Was damals noch ganz harmlos war, ist heute ausgeartet. Die Vergnügungsparkkultur, welche eine schimmernde perfekte Welt erschafft, wird zum Beispiel vom Künstler Banksy stark kritisiert. Er hat in einer westenglischen Küstenstadt nahe Bristol einen gruseligen Freizeitpark eröffnet, das „Dismaland“, eine Bezeichnung, die eine Parodie auf die Disney-Freizeitparks. Neben Disney-Parodien und Banksy-typischen Graffiti gehören auch akute politische Fragen unserer Zeit zum Programm. So können Besucher in einem Wasserbecken zwei Flüchtlingsboote steuern wobei eine Landung am Ufer jedoch unmöglich ist.

Diese Fahrradtour hat auf ein Thema aufmerksam gemacht, das immer akuter wird: die Medienwelt und die Hypertechnisierung vernichten zunehmend die schönen Orte, zerstören die Umwelt, und immer mehr Kinder lernen fast nur noch diese Welt als „Normale Welt“ kennen.


Amelie Fleury



Montag, 21. September 2015

Die Lange Nacht der Museen im Kunsthaus Dahlem und die Zusammenarbeit mit der Tangente Company Berlin




Es schwebte noch ein sommerliches Gefühl in der Luft in dieser Nacht am 29. August. Besucher schlenderten im Skulpturengarten, manche verweilten auf den roten Liegestühlen und andere studierten aufmerksam bis spät in die Nacht die Werke der Ausstellung „Portrait Berlin“. Es wirkte von außen wie ein gemütliches Beisammensein mitten in der Natur, fast schon wie ein familiäres Gartenfest; die Besucher wurden Teil des großen Ganzen. Als das Abendprogramm nach einer Kuratorenführung nämlich zur Tanzaufführung der Tangente Company überging, gab es keine Bühne, nur den Garten, die Skulpturen und die Besucher, welche die Tänzer geschickt als „Statisten“ ihres Stücks aufgriffen. Die Grenzen zwischen der Kunst und den Menschen, dem Statischen und der Bewegung, verflogen für einen Augenblick.

Die Tänzer hatten uns schon während des Sonderprogramms vor der Eröffnung des Hauses unterstützt. Rückblickend auf die Zusammenarbeit mit der Tangente Company bin ich mit Nadja Raszewski, für die künstlerische Leitung verantwortlich, in Kontakt getreten und sie gebeten, sich, ihre Arbeit und das Stück „Remember Me“, das die Truppe bei uns aufführte, vorzustellen.




Die Tangente Company wurde 2012 unter der künstlerischen Leitung von Nadja Raszewski gegründet. Produktionsort ist die TanzTangente Berlin. Die Company arbeitet auf der Grundlage der Improvisation und nutzt hierfür die unterschiedlichen Bewegungseinflüsse der mitwirkenden Tänzer. Diese gestalten sich genreübergreifend von  zeitgenössischem Tanz, Tanztheater, klassischer Tanz bis hin zu Kampfsport und Hip Hop.  Diese unterschiedlichen Einflüsse bilden viele Möglichkeiten, um eigene choreographische Arbeiten zu verwirklichen.

„Remember Me“ ist ein interdisziplinäres Projekt, welches Musik, Tanz, Sprache und Video-Installationen sowie Artwork miteinander verbindet und im September 2013 an der University of Michigan, Residential College, Premiere hatte. Der Titel „Remember Me“ wurde inspiriert durch Nahum Tates ́s Libretto aus Henry Purcell ́s Oper „Dido und Aeneas“.

Michael Gould, Professor für Percussion an der School of Music der Universität Michigan, Malcom Tulip, Schauspieler, Marion Tränkle, Szenografin, Nadja Raszewski, Choreografin und die Tänzer der Tangente Company Berlin setzten sich musikalisch, sprachlich, medial und tänzerisch mit 15 Gedichten von Ken Mikolowski, Poet und Dichter, auseinander. Die Gedichte kreieren in ihrer Kürze vor allem eine Atmosphäre, ein Bild, das vor dem inneren Auge entsteht, wenn man diese liest oder hört. Themen wie Verlust, Trauer, Erinnerung, Aufschwung und das Sich-Selbst-Wiederfinden werden mit den Gedichten musikalisch wie auch visuell zu einer Performance verwoben.
2010 entstand die Idee zu „Remember Me“ von Michael Gould, in Zusammenarbeit mit Ken Mikolowski, Professor für kreatives Schreiben an der Universität Michigan.
Malcom Tulip und Michael Gould interpretierten und vertonten gemeinsam die Gedichte Ken Mikolowskis. Der musikalischen Interpretation Gould und Tulips ́ folgte drei Jahre später die Idee zu einem Konzert/Performance in Zusammenarbeit mit der Szenographin Marion Tränkle und der Choreographin Nadja Raszewski.

Entstanden ist eine Performance, die alle Kunstsparten miteinander dicht verwebt und dem Zuschauer einen Raum aus Klang und Bild in vielschichtigen Facetten eröffnet.





Amelie Fleury

Mittwoch, 9. September 2015

Interview mit den Neuen Berliner Räumen: ein Rückblick auf das Sonderprogramm

 Kunsthaus Dahlem. Fotografie: Aap Tepper. Courtesy Neue Berliner Räume.

Das Kunsthaus Dahlem hat nun seit fast drei Monaten geöffnet und wir freuen uns über das große Interesse das dem Haus gewidmet wird. Der Weg zur Eröffnung war jedoch kein leichter. Wie man mit der schwierigen Vergangenheit des Hauses umgeht und einen Neuanfang setzt, bleibt eine Frage die diese Hallen erfüllt und mit der man sich ständig neu auseinandersetzt.  Der Eröffnung ging ein Sonderprogramm voraus mit dem Ziel einer Auseinandersetzung mit genau dieser Problematik. Rückblickend auf diese aufregende Zeit vor der offiziellen Eröffnung habe ich ein Interview mit der kuratorischen Initiative Neue Berliner Räume durchgeführt die einen großen Teil des Sonderprogramms mit gestaltet hat. Nun lesen Sie das Gespräch zwischen dem Kunsthaus und den NBR über die Zusammenarbeit und den Neuanfang.




Kunsthaus Dahlem: Neue Berliner Räume ist eine nomadische kuratorische Initiative, könntet ihr das Konzept erklären und euch vorstellen?

NBR: Wir realisieren Ausstellungsprojekte ohne einen festen, permanenten Ausstellungsort. Das Kernteam besteht aus uns Dreien: Manuel Wischnewski, der Neue Berliner Räume 2011 gegründet hat, Valerie Senden, die kurz darauf dazu kam und Sylvia Sadzinski, die im Frühjahr 2012 Teil des Teams wurde. Wir sind für die kuratorischen Ideen und deren Umsetzungen zuständig. Zu einer Art erweiterten Kreis gehören außerdem noch Marie Wocher, die für das konzeptionelle Design verantwortlich ist sowie Benjamin Busch, der regelmäßig unsere Projekte fotografisch dokumentiert. Im Sommer diesen Jahres hat uns außerdem Aap Tepper im Rahmen des Projekts für das Kunsthaus unterstützt, der in Tallinn einen Projektraum organisiert.

Neue Berliner Räume arbeitet meistens ortsspezifisch. Dabei geht es uns u.a. darum, auszutesten, was Raum überhaupt sein kann und wie er vermittelt und wahrgenommen werden kann. Hier spielt nicht nur der Ort eine Rolle, sondern ebenso eine Art immaterieller Raum: Der Raum, der sich zwischen Personen, einem Thema, den künstlerischen Arbeiten und dem Ort auftut. Häufig werden so aus Ausstellungen langfristige Ausstellungsprojekte, die sich nicht selten über mehrere Monate erstrecken und in denen die Ausformulierung dieser immateriellen Räume stattfindet. Dieses Prozesshafte ist daher gleichermaßen ein wichtiger Teil unserer Arbeit.        


Kunsthaus Dahlem: Unter welchen Beweggründen habt ihr euch gegründet?

NBR: Ganz grundsätzlich stand hinter NBR natürlich die Idee unseren Interessen als KuratorInnen und kulturellen ProduzentInnen eine Form zu geben. Mit NBR sind wir zunächst nur unseren eigenen Interessen verpflichtet und es war uns damit in den letzten Jahren immer wieder möglich, bestimmten Fragen nachzugehen, die uns interessiert haben.

Hinter diesen sehr persönlichen Beweggründen steht selbstverständlich aber mehr, wenn man ein Projekt verfolgt, das auch auf Öffentlichkeit ausgelegt ist. Wir fühlen eine besondere Nähe zu Orten, die in irgendeiner Form vor größeren Veränderungen stehen – oder diese gerade durchgemacht haben. Solche Orte in besonderen, transitorischen Momenten mit dem Publikum zu teilen ist einerseits schön, hat natürlich darüber hinaus auch eine politische Komponente in einer Stadt, in der immer mehr Räume kommerzialisiert und im weitesten Sinne auch privatisiert werden; in einer Stadt, die sich seit der Wiedervereinigung immer schneller wandelt. In einem solchen Klima z.B. immer wieder auf das Verschwindende aufmerksam zu machen ist wichtig. Überhaupt die Orte in ihren historischen und gesellschaftspolitischen Kontexten ernst zu nehmen und sie nicht nur als atmosphärische Kulisse für das x-te Pop-Up-Event zu nutzen – auch das ist wichtig. Dafür setzen wir uns mit unserer Arbeit ein. Wir haben das Gefühl, dass man der Stadt damit auch etwas zurückgeben kann, das Gewicht hat.


Kunsthaus Dahlem: Gibt es vergleichbare Initiativen?

NBR: Es gibt sicherlich Initiativen die nomadisch arbeiten in Berlin wie etwa Note On oder General Public in Berlin. In Wien gibt es das museum in progress, die ähnlich arbeiten. Diese Liste könnte man noch ein wenig weiterführen.
Sicherlich hat diese Form von Flexibilität zugenommen in den letzten Jahren in Berlin – das ist nicht zuletzt der immer problematischeren Raumsituation geschuldet. Das gilt für Künstler ebenso wie für Kuratoren und alle anderen kulturellen Produzenten. Oftmals ist das Nomadische daher schon eher einem gewissen Pragmatismus geschuldet oder wird aus der Not heraus als Arbeitsform angenommen. Aber es gibt wenige Initiativen, die das Nomadische wirklich als treibende, aktive Kraft begreifen und versuchen ihr Programm quasi aus dem Nomadischen zu schöpfen. Es ist ja wirklich mehr als ein rein formales Prinzip, nach dem man Ausstellungen einfach an wechselnden Orten präsentiert. Auf Grundlage der wechselnden Orte versuchen wir immer wieder neue Formate und Perspektiven zu finden, neue Herangehensweisen und Sprachen. Die wechselnden Orte also nicht nur als wechselnde Kulissen zu verstehen, sondern sich wirklich auf sie einzulassen: das ist ganz zentral in unserer kuratorischen Praxis. Deshalb sind unsere Projekte auch so unterschiedlich.


Kunsthaus Dahlem:  „Wo der Ort beginnt“ war ein Projekt mit dem Kunsthaus Dahlem, es sollte dem Haus ein Anfang sein und die Phase vor der Eröffnung begleiten. Könntet  ihr die 5 Programmpunkte kurz erläutern?

NBR: Als wir eingeladen wurden, die Eröffnung des Kunsthaus Dahlem im Vorfeld zu begleiten, haben wir uns zunächst sehr ausführlich mit dem Ort beschäftigt. Das ist für uns immer ein wichtiger Teil unserer Arbeit. Bei der komplexen Geschichte des Hauses bis in die jüngste Vergangenheit hinein war für uns schnell klar, dass wir uns dem Ort nur punktuell und in Form einzelner Versuche nähern wollten. So entstand die Idee, das Haus in gewisser Form Schritt für Schritt zum Publikum zu bringen. Wir haben dann unterschiedliche Künstler dazu eingeladen, sich mit dem Ort auseinanderzusetzen. So sind die sehr ausdifferenzierten Programmpunkte entstanden, die mit einer eher klassischen Ausstellungssituation vor Ort eigentlich nicht mehr viel zu tun hatten.

Im ersten Schritt “Einen Weg markieren” haben wir das Publikum dazu eingeladen, sich dem Ort zunächst über unser digitales Archiv zu nähern. In “Komfortabel, trotz des Komforts” setzt sich die Künstlerin Sonja Hornung in Form einer Postkartenedition mit dem Museum auseinander. “André & Arno” wiederum ist eine Dokumentarperformance von Sonya Schönberger, die sich intensiv mit der Biographie Arno Brekers beschäftigt und auf einem 1979 entstandenen Interview zwischen dem Bildhauer und dem renommierten Journalisten André Müller basiert.
Sonya Schönberger, André & Arno, 2015. Fotografie: Aap Tepper. Courtesy Neue Berliner Räume.

Lukas Töpfer hat mit “Die Zukunft hat Zeit” eine Ausstellung vor Ort ohne Werke und ohne Publikum kuratiert. Eine dazu gehörige Publikation dokumentierte diese Ausstellung und wurde dann im Rahmen des Kulturtags im Juni vor Ort präsentiert. An dem zentralen Abend “Stein auf Stein gelegt” haben wir versucht, die verschiedenen Versuche der unterschiedlichen Künstler zusammenzuführen und ihnen in Form von Spuren noch mal einen Raum vor Ort zu geben. Außerdem gab es einige weitere ausgewählte Arbeiten und Performances sowie einen kuratorischen Spaziergang, mit dem man sich den Ort anhand einer fragmentarischen, speziell für den Abend choreografierten Erzählung erschließen konnte.
Various, Stein auf Stein gelegt, 2015. Fotografie: Studio Busch. Courtesy Neue Berliner Räume.


Kunsthaus Dahlem: Den ersten Programmpunkt „Einen Weg markieren“ fand ich besonders interessant. Wie ist die Idee für ein digitales Archiv entstanden und wie funktionierte dieses Projekt?

NBR: Wir wollten das Haus wie gesagt ganz behutsam öffnen. Daher haben wir uns im ersten Schritt dazu entschlossen, nicht das Publikum an den Ort zu bringen, sondern gewissermaßen den Ort zu den Menschen –  in digitaler Form. Das Haus und seine Geschichte sind sehr komplex und weit verzweigt. Wir sind bereits in der Vorbereitungsphase für das Projekt immer wieder auf Orte und Geschichten gestoßen, die auf die eine oder andere Art mit dem Haus verbunden sind. Ein Ort ist ja nie statisch oder steht nur für sich allein. Diese Verbindungen haben wir mit dem ersten Programmpunkt in den Fokus gerückt. Der erste Beitrag ist somit eine bestimmte Form von Verortung. Wir wollten einen möglichen Weg zeigen, zu dem Haus zu finden – auch von anderen Orten aus. Und aus diesen Paarungen ergeben sich natürlich interessante Perspektiven. So wirkt der Ort neben dem Schwerbelastungskörper in Tempelhof komplett anders, als wenn man ihn in die Nähe des Fridericianums in Kassel rückt. Aber all diese Verbindungen sind möglich.

Daher haben wir dem Publikum Zugang zu einem speziell dafür zusammengestellten digitalen Archiv gegeben – in Form eines Emailaustauschs. Das Publikum konnte sich dafür registrieren und den einzelnen Personen wurden dann über einen Zeitraum von zwei Wochen verschiedene Texte geschickt – kleine lexikalische Einträge mit Querverweisen, die es dann auch ermöglichen sollten, sich weiter in die Geschichte(n) zu vertiefen.


Kunsthaus Dahlem: Der fünfte Programmpunkt hat das Projekt abgeschlossen, könntet ihr die beteiligten Künstler vorstellen?

NBR: Eigentlich ist das Programm noch nicht ganz abgeschlossen. Als ein Teil davon und in Zusammenarbeit mit der Freien Universität befindet sich die Arbeit von Vajiko Chachkhiani noch auf dem Campus in Dahlem. Die Skulptur steht auf dem Sockel, auf dem eine Arbeit von Karl Hartung stand, die jetzt im Kunsthaus zu sehen ist. Hier hat also eine Form des Austausches stattgefunden. Und außerdem wird im Herbst noch eine Videoarbeit von Lynne Marsh im Kunsthaus Dahlem präsentiert werden, die im Rahmen der Zusammenarbeit entstanden ist. Auch die Arbeit von Sonja Hornung befindet sich momentan noch vor Ort. Es bleiben also noch ein paar Spuren, die jetzt außerhalb des eigentlichen Programms im Frühjahr noch für eine Weile ihren Weg gehen.
Sonja Hornung, Komfortabel, trotz des Komforts, 2015. Fotografie: Studio Busch. Courtesy Neue Berliner Räume.
Vajiko Chachkhiani, Many Lives Pass By While Imitating Death, installation view at Freie Universität Berlin, 2015. Fotografie: Studio Busch. Courtesy Neue Berliner Räume.



Kunsthaus Dahlem: Welches Fazit könnt ihr von dieser Erfahrung geben? Was hat euch die Zusammenarbeit mit dem Kunsthaus gebracht?

NBR: Für uns war die Auseinandersetzung mit dem dichten historischen Gewebe des Ortes extrem spannend, aber auch herausfordernd. Es gab eine Grundfrage für uns: Wie geht man mit so einem Ort um? Und darauf haben wir nach wie vor keine richtige Antwort gefunden. Es fühlt sich aber auch gut und richtig an, etwas ratlos aus dem Projekt herauszugehen. Wir finden es ganz interessant, dass uns mit dem Ort eine gewisse Ambivalenz verbindet. Das hatten wir in der Form bisher noch nie und daher hat das in unserem Archiv sicherlich einen sehr besonderen Platz.

Vielleicht ist die Frage aber auch nicht so sehr, was die Zusammenarbeit uns gebracht hat, sondern vielmehr was sie dem Ort gebracht haben könnte. Und wenn es möglich geworden ist, bestimmte Haltungen und Perspektiven am Ort zuzulassen und ihnen eine Stimme zu geben, die vielleicht ansonsten nicht gehört worden wären, dann sind wir darüber sehr froh.





Samstag, 29. August 2015

Ein weiterer Leihgeber: das Paul and Virginia Fontaine Archiv in Texas



Paul Fontaine (1913-1996) war ein Maler des abstrakten Expressionismus aus Worcester Massachusetts. Er widmete sich dem abstrakten Expressionismus.  Er lebte in Italien und Frankreich, später mit seiner Frau im Nachkriegsdeutschland und dann in Mexico. Das Fontaine-Archiv wurde 1999 nach seinem Tod in Texas in Austin gegründet und stellt eine Kollektion von Kunstwerken dar, für Kunsthistoriker deren Forschung sich auf amerikanische Künstler die im Ausland lebten konzentriert. Betreut wird es von der Tochter des Ehepaars Fontaine. Das Archiv beinhaltet neben zahlreichen Briefen und Dokumenten aus dem Leben des Künstlers und seiner Frau, Virginia Fontaine, Kuratorin und Fotografin, auch zahlreiche seltene Austellungskataloge aus den 30er Jahren, und viele Kunstwerke die das Paar über die Jahre  gesammelt hat. 





Eine besonders interessante Zeit aus dem Leben des Künstlerpaares ist ihr Aufenthalt im Nachkriegsdeutschland. Beide entschieden sich nach dem Krieg nach Europa überzusiedeln. Das Paar lebte zuerst in Frankfurt und dann in Darmstadt wo Paul Fontaine eine Stelle bei „Stars and Strips“ annahm, ein von der amerikanischen  Militärverwaltung herausgegebenes Magazin, wofür er bis zu seiner Pensionierung 1970 die Karikaturen malte. Dank der Unterstützung seiner Frau, hatten die Fontaines schnell Kontakte zu deutschen Künstlern geknüpft. Durch die Freundschaft von Virginia mit Hanna Bekker vom Rath, Kunstsammlerin und Gründerin des Frankfurter Kunstkabinetts, trat er diesem schnell bei. In dieser Zeit entstanden viele Fotographien die heute noch im Archiv zu finden sind und die die damalige Künstlerszene im Nachkriegsdeutschland dokumentieren. Zu finden sind darunter Fotos von Hans Hartung oder Emy Roeder in ihren Ateliers. In ihrer Zeit in Frankfurt kauften die Fontaines auch moderne und abstrakte europäische Kunst, um auf diese Weise den notleidenden Künstlern zu helfen. Auf ihren vielen Reisen kam es zu zahlreichen Bekanntschaften mit deutschen Künstlern. Während einer Reise nach Berlin trafen Paul und Virginia u.a. Hans Uhlmann. Dabei entstand die Fotographie die zurzeit in der aktuellen Ausstellung im Kunsthaus zu sehen ist. Diese Leihgabe vom Fontaine-Archiv zeigt den Künstler bei der Arbeit in seinem Atelier und lässt zugleich erahnen, unter welch bescheidenen Umständen die Künstler nach 1945 lebten und arbeiteten.

Wieder einmal kann man sehen wie faszinierend es ist zu verstehen woher die Leihgaben einer  Ausstellung kommen, die Fotographie ist nicht nur ein Bild des Künstlers sondern hat eine ganze Entstehungsgeschichte.

Zum Abschluss kann ich auf die Internetseite des Archivs verweisen. Sie ist auf jeden Fall einen Besuch wert und gibt einen schönen Einblick in das Leben des Künstlerpaares: http://www.fontaine.org




Amelie Fleury






Donnerstag, 13. August 2015

Die Graphothek Berlin: Artotheken, eine vergessene Möglichkeit sich Kunst zu nähern

Ein weiterer Leihgeber des Kunsthauses ist die Graphothek Berlin. Es handelt sich um eine Kunstsammlung des Bezirksamtes Reinickendorf von Berlin zum Ausleihen. Sie wurde 1968 gegründet und ist seit 2004 in der Stadtteilbibliothek des Märkischen Viertels im Fontane-Haus untergebracht. Hier können gegen ein Abonnement und eine Ausleihgebühr Bilder ausgeliehen werden. Der große Bestand umfasst Werke von verschiedenen deutschen und internationalen Künstlern mit dem Schwerpunkt klassische Moderne.

Die Leihgaben die uns von der Graphothek zu Verfügung gestellt wurden sind Miniaturen von der Künstlerin Hannah Höch. In den Jahren 1933 bis 1945 galt Höchs Werk als „entartet“ und war mit einem Ausstellungsverbot belegt. Sie war nämlich eine deutsche Graphikerin und Collagekünstlerin des Dadaismus. 1965 wurde sie an die Akademie der Künste in Berlin berufen. Nach dem Krieg zahlte sie mit diesen Miniaturen ihre Heiz –und Stromkosten. In der Graphothek Berlin kann man heute noch einen ganzen Fundus an solchen Miniaturen verschiedener Künstler finden.

Die Graphothek  ist nämlich eine Artothek was heute ein fast vergessenes Phänomen ist. Das Prinzip ist einfach: Man muss nicht alles besitzen, um sich daran zu erfreuen. Eine Artothek ist eine öffentliche Institution, die Bilder, Skulpturen, Plastiken kostenlos oder häufiger gegen eine geringe Gebühr entleiht. Eine Graphothek ist also eine Artothek welche nur Bilder verleiht.
Mann kann demnach nahezu kostenlos Bilder ausleihen und zwar in den meisten Fällen für 2 bis 3 Monate. Dies ist eine in Vergessenheit geratene geniale Möglichkeit sich Kunst zu nähern. Immer neue Kunstwerke können ausgeliehen werden, alle paar Monate kann man sich so an einem neuen Bild oder einer neuen Skulptur in seinem Wohnzimmer erfreuen. Kunst bedeutet auch Abwechslung und muss nicht unbedingt gekauft werden.

Die Kunst hat eine andere Aufgabe zu erfüllen, als gekauft zu werden. […] Unsere Aufgabe ist die Erziehung sowohl des Künstlers als auch des Publikums […] zur Selbständigkeit des Urteils und Belebung des Interesses für die Kunst durch Abwechslung. […]
Arthur Segal, 1924

So lautet das Zitat von Segal das man auf der Homepage der Artothek der kommunalen Galerie des Kulturamt Charlottenburg-Wilmersdorf lesen kann. Dort kann man auch Kunstwerke ausleihen. 




Ich besuchte heute die dort ansässige Artothek. Sie ist direkt am Fehrbelliner Platz gelegen auf dem Hohenzollerndamm. Die Kommunale Galerie Berlin ist ein Ausstellungsort von Kunst der Gegenwart. Die Artothek befindet sich gleich rechts wenn man das Haus betritt. Man kann sich zuerst die ständige Ausstellung anschauen in der die  Werke präsentiert werden. Jede Woche verändert sich diese Ausstellung und Werke werden ausgetauscht je nachdem was ausgeliehen und zurückgegeben wird. Zwei Mitarbeiter empfangen die Kunstinteressierten und helfen auch gerne bei der Auswahl der Kunstwerke. Gegen Vorlage des Personalausweises können Bilder und Skulpturen direkt aus der Ausstellung geliehen werden und die Leihdauer beträgt zehn Wochen. Gegen eine Ausleihgebühr zwischen 0,50 bis 4,00 € kann das Werk sofort mitgenommen werden.






Artotheken sind also eine gute Möglichkeit Kunst bei sich auszustellen ohne die Werke kaufen zu müssen. Neben der Graphothek in Reinickendorf und der Kommunalen Galerie gibt es in Berlin noch weitere Standorte die solch eine Artothek betreiben: der Neue Berliner Kunstverein betreibt die größte Artothek in Deutschland und auch die Zentral –und Landesbibliothek Berlin hat einen großen Bestand zum ausleihen.


Mittwoch, 5. August 2015

Ein Exkurs über Folkloretanz in Belutschistan

Der folgende Artikel ist ein interessanter Exkurs über die Kultur unseres Praktikanten Shabir. Während Folkloretanz in Deutschland bei jungen Menschen eher wenig Begeisterung erweckt, ist er in Belutschistan wichtiger Teil des sozialen Austausches, wirkt generationsübergreifend und bringt Menschen zusammen. 



TRADITIONAL DANCES OF BALOCHISTAN PROVINCE

Pakistan is a land of cultural diversity as the society is multilingual, multiethnic and multicultural. The cultural diversity can be judged from the fact that more than 70 languages are spoken in the region. Every ethnic group has its own language, cuisine, social habits, dance, music and arts. The colorful culture of Pakistan is highly detectable in rural areas.

Dance is the prominent aspect of culture and quintessential language of the world.  It has the power to break down barriers and bring people together. It is a source to inspire creativity, flourish connections, and enhance mastery. Some cultures are represented by their dance especially in the north western part of Pakistan. The Attan dance of Pashtun ethnic group and Chap, Lewa of Baloch ethnic group are vibrant style of dance practices in Balochistan province of Pakistan. With no exaggeration it has the appeal to make everyone step in and make a move into it.

The Attan dance is performed in the North Western region of Pakistan and eastern region of Afghanistan. The history of Attan dance is traced as early as 2000 B.C as it was the religious ceremony of early Zoroastrians.  While others have place it even older going back to King Yama’s celebration of Nowroz and warriors dancing around the fire. During King Yama's time, Attan was performed before going to a war because it was used to give the army the confidence that they could win the battle.  There are slight variations in Attan dance depending on the region of pashtun ethnic group.

In Attan, with accompaniment of drums and pipes the dancers gather into circle.  It starts with slow beat and steps. The moves gradually speed up and continue until the exhaust of performers.  Some time it continuous for two to three hours at a stretch without break.  In attan, dancers bring their hands out and clap inside the circle. As the beat gets faster the advanced performers add moves. There is no hard and fast rule regarding the number of performers. However most of the time it starts with a troupe of 50 to 100 performers. It is even more entertaining to see the circle of 200-300 dancers making a huge circle.  Each dancer performs till his capacity of exertion.

The Baloch ethnic dance practiced in Balochistan province is known as Do Chap.  The participants gather and perform in groups clapping hands with the movement of foot neck and head with balochi music. Other dances of western region are lewa, Latti, Hambo. Lewa dance comprise high portion of hand movements. Every dance is a short description of a tradition of a nation. It exists and serves not only as a culture bearer but also a culture creator.

Shabir Ahmed

The link

                           https://www.youtube.com/watch?v=nLg_HUMBFUY