In der
Antike glichen die Statuen Göttern und verkörperten ein Ideal. Der Körper wurde
mit dem ihm verbundenen Menschenbild verglichen, jedoch nicht als zu
erreichender Maßstab gesetzt. Die Statuen repräsentierten Götter, wobei diese
göttliche Welt von der menschlichen getrennt blieb. Die Geburt der Figuration steht im Lichte unerreichbarer Schönheit des Körpers als
eines Objekts der Bewunderung. Dieser jedoch hat keinen absoluten Wert an sich,
sondern stellt nur ein Bild göttlicher Ästhetik dar: die Skulptur ist nur Kopie:
„mimesis“. Die Gefahr, den Körper als
Ideal zu formen, war in der Antike schon bekannt. Sobald dieses Ideal
angestrebt wird oder gar zur Inszenierung von Macht instrumentalisiert wird,
lauert schon bald die Gefahr der Zerstörung. Eine Annexion der göttlichen
Ästhetik an menschliches Vorhaben wäre in der Antike der Wunsch den Göttern
gleich zu sein. Walter Benjamin betrachtete in diesem Sinne die Kunst im
Nationalsozialismus und stellte in seinem Aufsatz „Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit“ fest,
dass diese Erfindung der Ästhetisierung von Politik gleicht. Ein Ideal besitzen
zu wollen bedeutet die Negation alles anderen. Der Körper wird somit zum
Schlachtfeld realer Verteilungskämpfe, er wird künstlerisch radikalisiert.
Die
Ästhetisierung von Herrschaft gilt schon seit Jahrzehnten als eine der
wesentlichen Steuerungstechniken vor allem der Diktaturen des 20. Jahrhunderts
und gehört damit zu den klassischen Themen der Kunstgeschichte. Die
Totalisierung des Kunstbegriffs entstand durch das Bild des nicht mehr
widerspiegelnden reproduzierenden, sondern des schöpferisch hervorbringenden
Menschenwesens. Die griechische Idee der Figuration als „Mimesis“, als Bild,
als Kopie war verloren. Das 1928 erschienene Buch „Kunst und Rasse“, in dem Paul Schultze-Naumburg die
Figurenwelt des malerischen
Expressionismus als „rassisch-minderwertig“
anprangert, zeugt vom Anfang einer Verschärfung des Nazifaschismus. Schon bald
nach der Machtübernahme im Frühjahr 1933 wurden jegliche „modernen“ Bilder peu
à peu anhand rassischer Argumente als Schandmale einer „undeutschen
Negerkultur“ entfernt. Angesichts derartiger Diffamierungskampagnen zogen es
Künstler wie zum Beispiel Theo Balden ins Ausland. Manche wie Otto Dix, die
nicht freiwillig gingen, wurden von ihren bisherigen Stellen entfernt oder gar
wie Uhlmann verhaftet. Die Herrschaft der nationalsozialistischen Kulturpolitik
baute sich auf die Negation der anderen
Kunstrichtungen auf, im Kampf um die Macht des neuen Menschenbildes
waren die Konzepte Körper und Ideal die Waffen.
Poster zur Ausstellung: Entartete Kunst, München, 1937.
Für ihn
ist Exil in erster Linie Verlust: Verlust im Räumlichen, im Zeitlichem, im
Physischen, aber auch Verlust der Sprache. Dem Ich wird dadurch jede Sicherheit
für immer entzogen!
„Wer das Exil kennt, hat manche Lebensantworten erlernt, und noch mehr
Lebensfragen. Zu den Antworten gehört die zunächst triviale Erkenntnis, dass es
keine Rückkehr gibt, weil niemals der Wiedereintritt in einen Raum auch ein
Wiedergewinn der verlorenen Zeit
ist.“ (Jean Améry)
Ein Teil der Ausstellung „Portrait Berlin. Künstlerische Positionen der Berliner
Nachkriegsmoderne 1945-1955“ lädt ein sich mit dieser Thematik des Exils
auseinanderzusetzen. Es werden Werke von Künstlern wie Theo Balden gezeigt, der
den Krieg im Londoner Exil verbracht hat, oder von Hans Uhlmann, der von 1933
bis 1935 in der Justizvollzugsanstalt Berlin-Tegel inhaftiert war.
Amelie Fleury
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